Urheberrecht

 

Als Ende 2022 moderne KI-Dienste wie ChatGPT, Stable Diffusion, Dall-E und Midjourney die Aufmerksamkeit der breiten Bevölkerung auf sich zogen, ging es in der Diskussion um die rechtlichen Implikationen der neuartigen Technologie zunächst überwiegend um das Urheberrecht. KI-Dienste wie ChatGPT, Stable Diffusion und Midjourney sind in der Lage, Texte, Bilder oder Grafiken von beträchtlicher Qualität herzustellen. Derartige Ergebnisse sind typische Werke, die einen urheberrechtlichen Schutz genießen.

 

Für Unternehmen, die generative KI für sich nutzen möchten, ergeben sich vielfältige urheberrechtliche Probleme, die es zu beachten gilt.

 

Insbesondere die Lizenzierung von KI-generierten Inhalten („AI generated content“) ist derzeit von großer Rechtsunsicherheit geprägt, da die Inhalte nach einhelliger Auffassung von Juristen, nicht dem Schutz des Urheberrechts unterliegen. Klassische Lizenzverträge scheiden damit aus, sodass juristische Kreativität gefragt ist.

 

Aber auch das Trainieren eigener Algorithmen, insbesondere Sprachmodellen, birgt urheberrechtliche Tücken. Die für das Training benötigten Texte und Bilder, die oft dem Internet entnommen werden, sind regelmäßig urheberrechtlich geschützt. Eine Nutzung zum Training von KI ist nur in engen Grenzen möglich.

 

Wir stellen nachfolgend einige der praxisrelevantesten Probleme im Bereich des Urheberrechts vor, zu denen wir Sie auch gern beraten. 

 

Inhaltsübersicht

URHEBERSCHAFT AN KI-GENERIERTEN WERKEN

TRAINING EIGENER ALGORITHMEN

LIZENSIERUNG

URHEBERRECHTE AN PROMPTS

HERAUSFORDERUNG: MISCHWERKE

URHEBERRECHTS­VERLETZUNGEN DURCH KI UND VERANT­WORTLICHKEIT

RECHTLICH ZULÄSSIG: DAS NACHAHMEN VON KUNSTSTILEN

KÖNNEN WIR SIE BEI PROJEKTEN IM BEREICH KI UNTERSTÜTZEN?

Urheberschaft an KI-generierten Werken

Die naheliegendste Frage beim Einsatz von KI ist, wer als Urheber von KI-generierten Werken anzusehen ist und damit die umfassenden Schutzrechte des Urheberrechts in Anspruch nehmen kann.

 

Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass KI-generierte Inhalte wie Texte, Grafiken oder Bilder in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt sind, da sie nicht unmittelbar von einem Menschen geschaffen wurden. Das Urheberrecht schützt in der Regel Werke, die eine "persönliche geistige Schöpfung" darstellen und damit ein Mindestmaß an Kreativität und Originalität aufweisen, das nur einem menschlichen Urheber zugeschrieben werden kann.

 

Da KI-Systeme als Werkzeuge betrachtet werden, die Inhalte auf der Grundlage von Daten und Algorithmen erzeugen, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, wird davon ausgegangen, dass diese Inhalte nicht die für den Urheberrechtsschutz erforderliche menschliche Urheberschaft aufweisen. Sie sind das Ergebnis eines automatisierten Prozesses ohne die kreative Entscheidungsfindung, die typischerweise von einem menschlichen Urheber ausgeht. Dies unterscheidet KI-Inhalte beispielsweise von der Erstellung von Grafiken auf einem Computer. Bei diesem Prozess ist der Computer nur das Werkzeug für die Kreativität des Menschen. Bei der Nutzung von ChatGPT & Co. stößt der Mensch durch seine Eingabe lediglich einen Prozess an, hat dann aber keinen Einfluss mehr auf die generierten Inhalte.

 

Im Ergebnis sind sich die Juristen daher einig: Ergebnisse von generativer KI wie Grafiken oder Texte genießen keinen urheberrechtlichen Schutz!

 

Das bedeutet auch, dass niemand ausschließliche Rechte an Bildern, Texten oder Grafiken geltend machen kann. Diese dürfen von jedermann frei verwendet werden und es ist nicht einmal eine Quellenangabe erforderlich - die Werke sind gemeinfrei („public domain“).

 

Von dieser Einschätzung gibt es einige Ausnahmen hinsichtlich der Annahme eines Urheberrechtsschutzes. Dieser kann z.B. bestehen, wenn KI-Inhalte in ein bestehendes Foto integriert werden, das weiterhin geschützt ist. Auch im Bereich der Leistungsschutzrechte kann es Ausnahmen geben, z.B. im Bereich der Spieleindustrie. Spezielle rechtliche Probleme kann es bei der Nutzung von KI für die Programmierung von Code geben.

 

Training eigener Algorithmen

KIs werden durch das Auslesen erheblicher Mengen an Daten trainiert. Diese Daten werden von den jeweiligen Programmierern dabei in der Regel einfach aus dem Internet extrahiert. Auch wenn es sich bei den verwendeten Daten um urheberrechtlich geschütztes Material handelt, ist die Nutzung im Rahmen des Trainings der KI seit einer Gesetzesänderung von 2021 grundsätzlich ohne Probleme möglich. Die entsprechenden §§ 44b und 60d UrhG bieten den Entwicklern von KI besondere Privilegierungen.

 

Wer seine Inhalte gegen ein entsprechendes Auslesen dennoch schützen möchte, muss sich die Nutzung ausdrücklich vorbehalten und dafür einen entsprechenden Nutzungsvorbehalt in der jeweiligen Website hinterlegen.

 

Die Heise Medien GmbH & Co. KG behält sich eine Nutzung ihrer Inhalte für kommerzielles Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor. Für den Erwerb einer entsprechenden Nutzungslizenz wenden Sie sich bitte an xy.

 

Beispiel eines Nutzungsvorbehalts, hier aus dem Impressum von heise online

 

Ein Entwickler, der eine KI zu Zwecken der Forschung und Wissenschaft entwickelt, darf hingegen nach § 60d UrhG ungehindert Inhalte aus dem Internet auslesen, unabhängig von einem erklärten Nutzungsvorbehalt des jeweiligen Urhebers der ausgelesenen Inhalte. Tatsächlich hat der Gesetzgeber ausdrücklich normiert, dass solchen Entwicklern das Auslesen der eigenen Inhalte nicht verboten oder erschwert werden darf, bzw. können diese gegen entsprechende Erschwerungen vorgehen (§ 95b UrhG). 

Lizensierung von KI-Inhalten

Im Zuge der fortschreitenden technologischen Entwicklung stellt sich zunehmend die Frage, wie Rechte an KI-generierten Inhalten, die nicht dem klassischen Urheberrecht unterliegen, rechtssicher übertragen werden können und welche vertraglichen Regelungen hierfür erforderlich sind.

 

Die bisher üblichen Lizenzverträge, wie sie etwa bei Illustratoren, Agenturen oder Autoren üblich sind, können bei der Nutzung von KI nicht mehr verwendet werden. Denn im Rahmen dieser Verträge besteht die Hauptleistungspflicht in der Übertragung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an den Vertragspartner. Solche Rechte bestehen bei KI nicht mehr, so dass alle Verträge in diesem Bereich neu formuliert werden müssen. Alternativ muss vertraglich klar geregelt werden, dass keine KI-generierten Inhalte weitergegeben werden dürfen.

 

Mögliche Ansätze für die Rechteübertragung

 

In Ermangelung eines Urheberrechts könnten Nutzungs- und Verwertungsrechte vertraglich geregelt werden. Dies würde bedeuten, dass die Parteien vertraglich festlegen, wer welche Rechte an den Inhalten hat und unter welchen Bedingungen diese genutzt oder weitergegeben werden dürfen.

 

Für die Lizenzierung der Produkte von KI-Generatoren sind verschiedene Möglichkeiten der Vertragsgestaltung denkbar. Angesichts der bestehenden Probleme und der daraus resultierenden Risiken ist sowohl Nutzern als auch Anbietern von KI der Abschluss von Verträgen mit entsprechenden Regelungen dringend zu empfehlen.

 

Denkbar ist z.B. die Vereinbarung einer Dauernutzung im Sinne eines Pachtvertrages (§ 581 BGB). Dabei zahlt der Pächter ein Entgelt nicht nur für die Nutzung der KI-Dienstleistung als solche, sondern auch für die freie Nutzung der einzelnen Produkte. Die Pflichten der Vertragsparteien richten sich dabei nach den gesetzlichen Vorschriften über den Mietvertrag, soweit nicht besondere Regelungen des Mietvertrages eingreifen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Nutzungsüberlassung als gemischten Vertrag mit kauf- und dienstvertraglichen Elementen auszugestalten.

 

Eine weitere gängige Vertragsform ist der Software-as-a-Service (SaaS)-Vertrag. Hierbei stellt ein Anbieter einen cloudbasierten KI-Dienst zur Verfügung, auf den der Nutzer von seinem Standort aus (temporär) zugreifen kann, ohne jedoch eine physische Kopie des Dienstes zu erhalten. Im Rahmen eines solchen Vertrages wird regelmäßig ein sogenanntes Service Level Agreement (SLA) vereinbart, das Mindeststandards für die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit des KI-Dienstes festlegt.

 

Da der Betrieb einer KI untrennbar mit der Bereitstellung angereicherter Daten verbunden ist, sollte auch der mögliche Abschluss eines Datennutzungsvertrages oder eines Datenlizenzvertrages in Betracht gezogen werden. Eine solche Vereinbarung ist in der Regel insbesondere dann relevant, wenn der Algorithmus Zugriff auf Unternehmensdaten benötigt und somit auch das die KI anbietende Unternehmen Zugriff auf diese Daten erhält. Die Vereinbarung schafft dabei verbindliche Regelungen zur Nutzung und Speicherung sowie zum Schutz der Daten und regelt die Haftung bei vertragswidriger Nutzung.

 

Vertragsgestaltung und praktische Hinweise

 

Bei der vertraglichen Gestaltung zur Übertragung von Rechten an KI-generierten Inhalten sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

 

  • Detaillierte Definition der Rechte: Es ist wichtig, genau festzulegen, welche Rechte übertragen werden und welche Nutzungen erlaubt sind.


  • Klärung der Haftung: Die Frage der Haftung, insbesondere in Bezug auf Rechte Dritter, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, muss eindeutig geklärt werden.


  • Garantien und Freistellungen: Es sollte geregelt werden, wie mit Ansprüchen Dritter umgegangen wird und ob Garantien für die Freiheit von Rechten Dritter oder für bestimmte Eigenschaften der Inhalte abgegeben werden.

 

Die Übertragung von Rechten an KI-generierten Inhalten ist rechtliches Neuland, das kreative und angepasste Lösungen erfordert. Die rechtliche Unsicherheit erfordert flexible, aber präzise vertragliche Regelungen, die den Interessen aller Beteiligten gerecht werden und gleichzeitig den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Gestaltung solcher Verträge. Sprechen Sie uns an!

 

Urheberrechte an Prompts

Durchaus möglich ist allerdings, dass der Ersteller eines bestimmten Prompts (= der Befehl an eine KI) ein Urheberrecht an dem Text erlangt und der Prompt damit geschützt ist. Praktisches Beispiel ist etwa ein Befehl an einen Bildgenerator. Dort können besonders kreative und mit vielen lebhaften Begriffen ausgeschmückte Prompts häufig besonders gute Bilder erzeugen. Liegt diesen Prompts ein kreatives Schaffen zugrunde kann ein Urheberschutz bestehen

 

Beispiel für einen urheberrechtlich geschüttzen Prompt: Die Fallschirmkatze


You are in the middle of an exhilarating skydiving experience, but something catches your eye: a majestic black "Maine Coon" cat is soaring alongside you. Its fur is shimmering in the sunlight and its eyes are filled with excitement as it fearlessly jumps out of the plane with you. The wind is rushing past your faces as the two of you plummet towards the ground, but the cat seems to be enjoying every moment of the thrill. As you approach the earth, the cat gracefully spreads out its paws and lands on its feet, perfectly poised and ready for its next adventure --ar 16:9 --s 100

 

The skydiving black cat

Herausforderung: Mischwerke

Schwieriger zu beurteilen sind allerdings „Mischwerke“, also solche Bilder oder Texte, die zum Teil von der Maschine, aber eben auch von Menschen erstellt werden. Besondere praktische Relevanz hat das Problem etwa für Journalisten oder Grafiker, die Chatbots oder Bildgeneratoren zur Unterstützung ihres Schaffensprozesses einsetzen.

 

Wo die Grenze zwischen Bestehen bzw. Wegfall eines Urheberrechts liegt, ist in der Praxis schwer auszumachen. Allgemein kann gesagt werden, dass der Einsatz von KI zur bloßen „Feinarbeit“ in der Regel unproblematisch ist. Praktisches Beispiel ist der Einsatz KI-basierter Bildbearbeitungsprogramme oder Rechtsschreib- und Satzbauprogramme. Besteht hingegen aber ein Text überwiegend aus Formulierungen des Algorithmus, liegt an diesem meist kein Urheberrecht vor.

 

Dieser Umstand birgt erhebliche Folgeprobleme. Insbesondere Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort und die VG Bild-Kunst müssen zuverlässig unterscheiden können, ob ein Produkt überwiegend auf das Schaffen einer KI oder eines Menschen zurückzuführen ist. Vergütungen dürfen jedenfalls nur für urheberrechtlich geschützte Werke verlangt und eingeholt werden. Wer dagegen generierte Texte oder Bilder einreicht, dürfte sich im Zweifelsfall sogar strafbar machen.

Urheberrechtsverletzungen durch KI und Verantwortlichkeit

Auch wenn eine KI nicht selbst Urheber ihrer Erzeugnisse sein kann, ist nicht auszuschließen, dass die Erzeugnisse fremde Urheberrechte verletzen. Ähnlich wie menschliches Schaffen beruht auch das Schaffen einer KI auf bestehenden Inhalten und Werken, auf deren Basis der Algorithmus trainiert wurde. Dadurch ist es beispielsweise möglich, dass ein Bildgenerator Bilder im Stil des Künstlers van Gogh erstellen kann. Wie solche Kopien oder offensichtlich inspirierte Werke aus urheberrechtlicher Sicht zu bewerten sind, ist nicht immer ganz einfach zu beantworten.

 

Grundsätzlich ist die Inspiration anhand bestehender Werke auch im menschlichen Schaffensprozess alltäglich und aus rechtlicher Sicht unerheblich. Jedes Werk eines Urhebers ist in irgendeiner Form von vorhergegangenen Werken inspiriert. Dies ist mal mehr, mal weniger offensichtlich. Daher wäre das Werk im Stil von van Gogh nicht nur angesichts der abgelaufenen Schutzfristen unbedenklich.

 

Unter diesen Umständen sollte auch unproblematisch sein, dass eine KI anhand bestehender Werke lernt und sich durch diese „inspirieren lässt“. Fraglich ist aber, wie viel „Inspiration“ ist zu viel? Nach der Rechtsprechung der deutschen und europäischen Gerichte kann ein Urheberrecht auch schon für ganz kleine Teile eines Gesamtwerks gelten. Etwa ein aus elf Wörtern bestehender Auszug eines Texts oder eine zwei Sekunden lange Rhythmussequenz eines Lieds können bereits urheberrechtlich geschützt sein.

 

Dementsprechend ist bei dem Einsatz von KI darauf zu achten, dass die Erzeugnisse geschützte Werke auch in Teilen nicht bloß 1:1 übernehmen. Auch wenn eine Übernahme solcher Teile erfolgt, besteht aber die Möglichkeit, unter eine der Ausnahmen des Urheberrechts zu fallen. Fast immer problematisch ist beispielswiese die Nutzung eines bestehenden Bildes, in das einzelne KI-Teile eingebettet werden. Denn hier besteht das Urheberrecht an dem verwendeten Ausgangsbild weiter fort.

Rechtlich zulässig: Das Nachahmen von Kunststilen

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Weitere Informationen finden Sie auf unserer Kanzlei-Website recht-im-internet.de sowie auf unserem Blog netzrechtliches.de.

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